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7. Trends auf dem Spielemarkt
Allgemeine Betrachtungen und Überlegungen anhand von einigen Beispielen:
Das Geschehen am Spielemarkt verändert sich ständig. Was im Jahr 2000 noch richtig war, kann jetzt zu Beginn des Jahres 2004 völlig falsch sein. Warum dies so ist, liegt daran, dass sich die Marktteilnehmer alle gleich oder ähnlich verhalten. Alle Verlage verhalten sich weitgehend zyklisch.
Dazu einige Beispiele:
Anspruchsvolle Spiele
Bis Mitte der 90ziger Jahre galten anspruchsvolle Spiele als nicht marktgängig.
Wir hatten große Probleme "El Grande" bei einem Verlag unterzubringen.
Dies änderte sich schlagartig mit dem Erfolg von "Die Siedler von Catan".
Auch El Grande gelang zumindest ein Teilerfolg.
Während vor "den Siedlern" kaum ein Verlag an einem anspruchsvollen Spiel interessiert war, zeigten jetzt plötzlich alle Verlage großes Interesse an anspruchsvollen Spielen und jeder Verlag produzierte mindesten ein solches Spiel pro Jahr. Die Folge war, es gab mehr als 20 anspruchsvolle Spiele pro Jahr, denen aber keine gleich hohe Nachfrage gegenüber stand. Die Verkaufszahlen pro Titel waren enttäuschend. Viele gute Spiele sind am Markt vorbei produziert worden. Dies führte dazu, dass sich die Verlage vom anspruchsvollen Spiel abwandten. Die Anzahl der anspruchsvollen Spiele ging 2002 deutlich zurück, und 2003 gab es kaum noch anspruchsvolle Spiele auf dem deutschen Markt. Jetzt stiegen wieder die Umsätze pro Titel.
Quizspiele
Ende der 80ziger Jahre kamen im Sog von "Trivial Persuit" viele Quizspiele auf den Markt, von denen nur wenige überlebten, weil die Anzahl solcher Spiele zu hoch war. Mitte der 90ziger Jahre ebbte dieser Trend wieder ab, um dann 2001 mit "Wer wird Millionär" (siehe unten) wieder erneut zu entstehen.
Kartenspiele
Mitte der 90ziger Jahre entstand ein Boom bei Kartenspielen. Plötzlich verlegten alle Verlage mehrere Kartenspiele pro Jahr. Es gab keinen namhaften Verlag, der nicht auch Kartenspiele in seinem Programm führte. Die Umsätze der meisten Titel waren enttäuschend, da die Nachfrage für eine solche Vielzahl von Kartenspielen fehlte. Die Folge: Ende der 90ziger Jahre hatte sich der Boom wieder gelegt und einige Verlage sind ganz aus den Kartenspielen ausgestiegen (z.B. Jumbo, Queens).
Sammelkartenspiele
MAGIC hat einen weltweiten Erfolg und hat einen Boom an Sammelkartenspielen ausgelöst.
Es gab am Markt kurze Zeit an die 20 verschiedenen Sammelkartenspielen. Es überlebten davon aber nur wenige. Magic hat inzwischen seinen Höhepunkt überschritten, ist aber nach wie vor noch erfolgreich am Markt etabliert.
POKEMON hatte als Sammelkartenspiel für Kinder ab 1999 bis etwa 2001 riesige Erfolge gefeiert. Inzwischen hat es aber kaum mehr eine Bedeutung.
Spiele auf Basis von erfolgreichen TV Shows, Filmen, Büchern
Immer wieder wird versucht, Spiele auf Lizenzbasis auf den Markt zu bringen, die auf erfolgreiche TV Sendungen zurückgehen. Nicht alle dieser Spiele schneiden auch auf dem Spielemarkt erfolgreich ab. Besonders herauszuheben ist hier aber das Quizspiel WER WIRD MILLIONÄR, das in den Jahren 2000 bis 2002 ein Bestseller war. Inzwischen sind die Umsätze drastisch gesunken.
Große Erfolge feierten ebenfalls die Spiele zu dem Lizenz-Thema „HERR DER RINGE“. Allerdings trifft dies nur auf die ersten Spiele zu. Obwohl durch die Filmtrilogie das Thema über drei Jahre aktuell war, waren nur die ersten Spiele wirklich erfolgreich, aber auch nur eine relativ kurze Zeit..
Die Spiele zum Thema „Harry Potter“ waren dagegen wenig erfolgreich.
Für Autoren, die Spiele für solche Lizenzthemen entwickeln, stellt dieses Geschäft ein Risiko dar. Die Autorenlizenz wird halbiert, weil das Produkt bereits durch den „Character“ hoch belastet ist. Wenn dann der Erfolg ausbleibt, erhält der Autor viel zu wenig für seine geleistete Arbeit.
Spiele, die auf Basis solcher erfolgreichen TV Sendungen, Filme, Bücher produziert werden, haben eine kurze Lebensdauer.
Zweier - Spiele
Kosmos begann 1997 mit einer Linie "Spiele für zwei Personen", die beachtliche Erfolge hatte. Im Jahr 2003 gab es so viele Zweipersonen-Spiele wie noch nie, weil es inzwischen viele Verlage gibt, die ebenfalls solche Spiele in ihr Programm aufgenommen haben. Man kann davon ausgehen, dass dieser Trend schon 2004 deutlich zurückgehen wird.
Kinderspiele aus Holz
Die Erfolge von HABA mit seinen Holzspielen führten jetzt dazu, dass es 2003 so viele Verlage wie noch nie gab, die Holzspiele verlegen. Die weitere Entwicklung ist absehbar!
Wie laufen Trends ab?
In der Vergangenheit gab es viele solcher Trends, die alle gleich abliefen:
• Ein bis zwei erfolgreiche Spiele lösen einen Trend aus.
• Alle Verlage springen auf den Trend auf.
Viele Folgespiele entstehen.
Der Markt wird extrem übersättigt.
• Der Trend bricht zusammen. Die Verlage wenden sich von der Spielgattung ab. Es überleben ein bis zwei Spiele - meist diejenigen, die den Trend ausgelöst haben.
Weitere Trends
Weitere Trends in Vergangenheit waren z.B.: Wirtschaftsspiele (Monopoly), Buchstabenspiele (Scrabble), Krimispiele (Scotland Yard, Heimlich & Co.), Kommunikationsspiele (Activity, Tabu, Nilpferd in der Achterbahn).
Schlussfolgerungen
(1) Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es wenig Sinn macht, einem Trend hinterher zu laufen. Wenn man auf einen Trend aufspringen will, dann muss es sofort zu Beginn des Trends geschehen.
(2) Nur die Top-Spiele überleben einen Trend.
(3) Wer nur Trendspiele verlegt, wird extreme wirtschaftliche Probleme bekommen, wenn der Trend zusammenbricht.
(4) Wer sich nur zyklisch verhält, wird keinen neuen Trend auslösen und keine Longseller im Programm haben. Ich vermisse bei den Marktteilnehmern mehr antizyklisches Verhalten.
(5) Letztlich wird nur der Verlag langfristig erfolgreich sein, der immer wieder mit neuen, originellen Spielen auf den Markt kommt, die das Potential für einen neuen Trend haben.
Diese fünf Punkte gelten sowohl für Verlage als auch für die Autoren.
14.03.2004 Wolfgang Kramer
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